Sonntag, 17. März 2013

Die Bierlüge und das Märchen vom "Reinheitsgebot"


Bier wirkt stark aphrodisierend, ist ein erstklassiges Heilmittel und verleiht seinem Genießer die Fähigkeit zur „Schau nach innen“, zur Reise in eine Dimension, in der sich die
Übersinnlichen, die Wesen der „Anderswelt“ ihm öffnen und mitteilen können...
Klingt toll, oder? Doch leider: Das war einmal! Und zwar vor dem Reinheitsgebot! Heute bringt Bier nichts weiter als - in gewissen Mengen vertilgt - ein dumpfes Gefühl im Schädel und bleierne Müdigkeit. Absicht? War das etwa der Sinn des Reinheitsgebots?

Die Ursprünge
Schon vor 3000 Jahren brauten die Ägypter in großem Stil ihr sog. „Hek“ - ein u.a. mit Alraunwurzel*, Safran und Anis gewürztes Bier. Die echte Alraune war eine seltene und teure Heilpflanze, der man seit Urzeiten magische Kräfte zugesprochen hat. Die alten Germanen brauten ihr Bier aus Gerste oder Hirse, mischten Myrte, Eschenlaub und Eichenrinde [allesamt heilende und magische Pflanzen) dazu und verfeinerten es mit dem Honig von wilden Bienen. Die Rauschwirkung konnte insofern gesteigert werden, als dass es zu besonderen Anlässen mit dem die Sinneslust weckenden Bilsenkraut oder dem ähnlich wirkenden Sumpfporst versetzt wurde, was die Feiernden (vorübergehend) in völlige Entrückung katapultieren konnte.
Dies war oft bei Frühlings- oder Erntedankfesten der Fall, bei denen u. a. der Fruchtbarkeits- und Gewittergott Donar gefeiert und geehrt werden sollte.
Wie sämtliche Gewittergötter anderer Völker es so an sich haben, ist auch Donar ein mächtiger „Zecher“ - und ist aus diesem Grunde der Schirmherr des Bieres, der Bierkräuter und aller berauschenden Getränke. Keiner kann so viel Met oder Bier trinken wie er.

Die Brennessel, die mancherorts noch Donner-Nessel genannt wird, ist Donar geweiht - und seine Eigenschaft als Anreger der Fruchtbarkeit und Zeugungskraft übertrug sich somit auf das erfrischende Getränk, das aus ihr gebraut wurde und noch heute in England unter dem Namen „Nettle Beer“ (Nesselbier) zu haben ist. Da Donar offenbar stets auf einem Wagen, der von zwei Ziegenböcken gezogen wurde, im Gewittersturm herniederbrauste, um die Erdscholle zu befruchten, spricht man übrigens noch heute vom sog. „Bock bier“, das im Frühling gebraut wird, wenn der Fruchtbarkeitsspender es am Wildesten trieb (der Ziegenbock galt u.a. bei den indogermanischen Völkern als Symbol der Fruchtbarkeit und der überschäumenden männlichen Lebenskraft.
Schon die alten Kelten haben mit Leidenschaft Nesselbier aus Brennesseln gebraut. Während man auf den britischen lnseln das dort sehr beliebte Getränk sogar im Laden kaufen kann, finden sich zahllose Selbstbrauanleitungen im lnternet, mittels derer sich das „Unkraut“ in ein wohlschmeckendes Erfrischungsgetränk verwandeln lässt, z.B. im Kärtner Permakultur-Wiki:
Angeblich hilft das würzige Gebräu bei rheumatischen Schmerzen, Gicht, Asthma und zahlreichen anderen Beschwerden.

Bier als Naturheilmittel
Überhaupt war das Bierbrauen früher die Aufgabe der Hausfrauen. Allerlei gesundheitsfördernde Heilkräuter wurden dem Bier als Würzmittel oder auch zur Haltbarmachung beigegeben: Schafgarbe, Wermut, Mädesüß [auch „Wiesenkönigin genannt, gilt als „Aspirin“ der Natur), Fieberklee [Heilpflanze bei Magen- und Darm-beschwerden, Rheuma, Gicht, Arthritis] und der Gundermann (engl. „Gill“) - um nur einige zu nennen. Gerade das wurde zugefügt, was der Gesundheitszustand der Familie im Augenblick erforderte. Aus dem Gundermann [Gill] brauten die Engländer ein Bier,
welches derart beliebt war, dass sie ihre Bierschenken „Gillhouses“ nannten. Der Genuss jenes Bieres brachte ihnen den Titel „die langlebigsten Menschen der Erde“ ein. Das Getränk war nämlich in der Lage, bei sämtlichen Beschwerden sog. „Blitzheilungen“ zu bewerkstelligen z.B. bei allen Kopfschmerzen, Entzündungen, Gelbsucht, Husten, Schwindsucht, Milz- und Steinerkrankungen sowie Verstopfungen jeglicher Art.

Mönche, Sinneslust und Unterdrückung
Die Mönche jedoch - selbst begeisterte Zechbrüder - hatten aufgrund all der im Bier befindlichen „heidnischen Kräuter", welche stets heimtückisch die Glut der Sinneslust in ihren Eingeweiden schürten, alsbald entdeckt, dass Hopfen, welcher seinerzeit bislang lediglich als Gemüse verzehrt wurde, den sexuellen Trieb beruhígte, wenn man ihn dem Bier zufügte. Diejenigen, denen die Wirkung der Kräuter auf das Volk schon längst ein Dorn im Auge war, ergriffen die Gelegenheit im Nu und tüftelten an einem „Reinheitsgebot“, das schließlich 1516 erlassen wurde.

Beherrschende Regierungsmethoden hätten sich nicht auf Menschen anwenden lassen,
die nicht zu ängstigen waren, weil sie in völliger Übereinkunft mit der Natur lebten, weil
sie über Einblicke in andere Dimensionen verfügten und weil ihnen die magischen Pflanzen
eine spirituelle Weitsicht ermöglichten, die sie unantastbar machen konnte. Interessanterweise war noch bis weit ins 14. Iahrhundert hinein in England der Zusatz von Hopfen im Bier strikt verboten.
Denn er sei „ein böses Kraut, das den Geschmack des Bieres verdirbt, die Menschen krank
macht und ihr Leben verkürzt“.

Reinheitsgebot:
Das Ende der Heilkräuter

Mit dem Reinheitsgebot war in Mitteleuropa all den althergebrachten Bierkräutern ein für
allemal der Garaus gemacht! Zur Bierherstellung durften nur mehr vier Zutaten verwendet werden: Gerstenmalz, Hopfen, Wasser und Hefe. Ab dem 17. Jahrhundert wurde daraufhin der Hopfen in größeren Mengen und später in Monokulturen angebaut. Allerdings gilt das Reinheitsgesetz lediglich für sog. untergärige* Biersorten. Obergäriges* „Kölsch“ z.B. darf noch andere „Frerndstoffe“ enthalten, etwa andere Getreidesorten wie Dinkel oder Weizen, aber auch Zucker, sog. Zuckercouleur* oder Stärke.
Nach dem Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofes von 1987 darf in Deutschland nun auch Bier angeboten werden, das nicht dem Reinheitsgebot entspricht, allerdings handelt es sich hierbei aus schließlich um ausländische Biere, die dann u.a. auch solch wenig sympathische Ingredienzen enthalten wie Trübungsmittel, künstliche Würzmittel, Schaumstabilisatoren und Konservierungsmittel;
Heilkräuter jedenfalls nicht, denn die kennt ja zwischenzeitlich keiner mehr.

Bio-Bier
Sollte der Bierliebhaber aus geschmacklichen, gesundheitlichen oder anderen Gründen untergärige deutsche Biersorten (die ja als einzige „gesetzestreu“ und „absolut rein“ sind) nicht bevorzugen, so Würde ihn der Wunsch nach einem wohlschmeckenden, gesunden Bier ohne dubiose Zutaten unweigerlich zum Bier aus biologischer Erzeugung führen, zum sog. „Bio-Bier“ also.

Wer sich die Frage stellt, was denn ein Bio-Bier einem „Reinheitsgebotbier“ voraus haben könnte, erkennt rasch, dass sich das Reinheitsgebot lediglich auf die bloße Anzahl der Hauptzutaten beschränkt. Was ansonsten noch für die konventionelle Bierherstellung in Kaufgenommen wird, ist tatsäch lich alles andere als „rein“: Hopfen wird in riesigen Monokulturen* mit ebenso riesigem Pestizideinsatz angebaut. Schlussendlich wird daraus Hopfenextrakt hergestellt. Biobrauereien hingegen verwenden ungeschwefelten, biologisch angebauten Naturhopfen (dessen Handhabung weit mehr Know-how erfordert). Das Gärungsverfahren wird bei konventionellem Bier mit Druck und Wärme beschleunigt [„Zeit ist ja schließlich Geld“] und anschließend werden übrige Eiweisbestandteile mit chemischen Mitteln augefällt.  Biobier hingegen bekommt die Zeit, die es zur natürlichen Gärung benötigt, wobei eine gute Nachgärung dafür sorgt, dass sich das Bier von selbst energieverschleißende, zeitsparende oder chemische Technologien sind daher beim Bio-Bier nicht nötig.
Zu guter Letzt verzichten Biobrauer auf die üblichen Asbestfilter und füllen ihre Biere nicht in Weißblechdosen ab. Wenn man jetzt noch das Glück hat, beim Bierkauf über eines jener selten anzutreffenden Biere zu stolpern, die nicht einmal pasteurisiert* wurden, dürfte echtem Genuss nichts mehr im Wege stehen.

Selbst ist der Mann Wer sich mit all diesen Qualitätskriterien allerdings nicht zufrieden gibt und im Non plusultra an Biergeschmack versinken will, wer sich unseren germanischen Vorfahren so nahe fühlen Will, dass er glaubt, mit Donar persönlich zu zechen, der kann sich ja einmal folgendes Rezept zu Gemüte führen und mit den erforderlichen Zutaten alsbald in seinem Braukeller verschwinden:

Brennesselbier Zutaten:
1 Eimer junge Brennesselblätter
3 bis 4 Handvoll Löwenzahn
3 Handvoll Kletterlabkraut
1 Stück Ingwer
2 Tass en brauner Zucker
30 g Brauereihefe
1 Teelöffel Weinstein

Zubereitung: Die Kräuter langsam, 45 Minuten lang, in 8 Litern Wasser kochen. Abkühlen lassen bis auf Zimmertemperatur.
Den Zucker und die Hefe hineinrühren. Sieben Stunden [z.B. über Nacht) an einem warmen Ort stehen lassen. Dann den Schaum abschöpfen. Weinstein einrühren, in Flaschen abfüllen und fest verschließen.
Auf Donar und die Unabhängigkeit - nicht nur von den Brauereien! Prosit!

PS: Wer weitere Rezepte kennt und sie viellecht schon ausprobiert hat kann sie uns sehr gerne zuschicken.

Quelle:  Kristina Peter und Michael Kent (Depesche Nr. 05)
(dieser Artikel ist eine Abschrift)

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